Zum Inhalt springen

Love it, leave it or fix it

Veränderung ist nicht immer leicht. Veränderung ist die Wirkung einer vorangegangenen Ursache.

Wie verändere ich ein Team? Wie verursache ich Veränderungen?

Hier ein kurzer Überblick zum Artikel:

Emma steckt im Stau

Eine Geschichte über Veränderungsmanagement im Alltag

Machen wir es uns mal kurz etwas leichter und betrachten Veränderungsmanagement an einem banalen alltäglichen Beispiele – einer kleinen Geschichte. Sie handelt von einer gut aussehenden jungen Frau namens Emma, die auf ihrem täglichen Weg zur Arbeit ist. Sie fährt diesen Wegen schon seit vielen Jahren und kennt ihn in und auswendig. Sie muss gar nicht mehr über den Weg nachdenken. Würde man sie im Verlauf des Tages nach ihrem Weg zur Arbeit fragen, könnte sie sich eventuell sogar nicht einmal mehr genau daran erinnern. Wie bin ich hier her gekommen? Es muss genau so gewesen sein, wie immer.

Eines Morgens ist sie zu einer anderen Uhrzeit unterwegs und es gibt überraschenderweise Stau. Sie überlegt sich kurz, ob es einen anderen Weg gibt, aber ihr fällt keiner ein. Alle Autos folgen der Hauptstraße. Emma kennt auch keinen anderen Weg und eigentlich ist der Stau ja auch nicht so schlimm. Sie sitzt im Warmen und hat gute Musik. Ein paar Minuten länger macht nun auch nichts. Sie beschließt wieder den gleichen Weg zu nehmen. Sie könnte sich auch über andere Wege informieren, aber das scheint der Mühe nicht wert.

Einige Wochen später steht sie wieder einmal im Stau. Sie ärgert sich kurz, aber dann konzentriert sich Emma wieder auf ihr Hörbuch, dass sie erst vor wenigen Tagen angefangen hat und das gerade sehr spannend ist. Sie schaut nach vorne auf die Straße und beobachtet wie einige Autos in eine Seitenstraße abbiegen. Sie beschließt ihnen zu folgen, die scheinen sich ja auszukennen und nehmen bestimmt eine Abkürzung und so ist es auch.

Einige Monate später ist Emma mal wieder auf der Straße unterwegs. Doch auf der sonst so ruhigen Straße ist, ganz überraschend, man glaubt es kaum, Stau. Alle Abkürzungen und Wege, um den Stau zu umfahren liegen bereits hinter ihr. Alle Autos folgen ganz brav der Hauptstraße. Es geht keinen Meter voran. Emma schaltet ihr Navi ein, doch auch dieses kennt keinen anderen Weg. Sie schaut auf die Karte und erinnert sich an einen Feldweg, der nicht auf der Karte verzeichnet ist. Sie beschließt diesen neuen Wege auszuprobieren. Sie biegt in die nächste Gasse zu ihrer Linken ab und macht sich auf den Weg. Kaum ist sie hinter der Ecke verschwunden schert ein weiteres Auto aus der Reihe der in der Schlage stehenden Autos aus.

Einige Zeit später ist Emma wieder einmal auf der Straße unterwegs. Es ist mitten in der Nacht, die Straße ist ruhig und verlassen, es gibt keinen Stau. Bereits von Weitem sieht Emma ein gelbes Blinken. Sie fährt weiter, bis sie sieht, dass es sich um eine neu aufgestellte Straßensperrung handelt. Umleitungsschilder wurden (noch) keine angebracht. Es ist keine Menschenseele zu sehen. Naja, macht nichts. Emma schaltet ihr Navi an und macht sich auf die Erkundungstour eines neuen Wegs.

Was lernen wir daraus:

  • Die Situation in der wir sind, muss unerträglich genug sein, um überhaupt an Veränderung zu denken.
  • Es ist leichter anderen Veränderern zu folgen als selbst voran zu gehen, vorausgesetzt sie scheinen einen Kenntnisvorsprung (z.B. Ortskenntnis (=lokales Kennzeichen)) zu haben
  • Um einen neuen Weg zu gehen braucht man zumindest eine grobe Idee wohin es gehen soll oder man muss wirklich keine andere Möglichkeit haben, so dass es nur noch die Veränderung als Alternative gibt. Der Weg zurück ist in diesem Falle auch keine ideale Option
  • Beim Ausprobieren neuer Wege muss man zumindest mittelfristig Erfolge erzielen, sonst verfällt man wieder in alte Muster

Und wie verändere ich jetzt ein ganzes Team?

Die Grundvoraussetzungen für Veränderungsprozesse sind genauso bei der Veränderung eines ganzen Teams gegeben so wie bei Emma und ihren Reaktionen auf den Stau.

  • Das Team muss sich in einer unerträglichen Dynamik befinden
  • Das Team braucht eine Vision einer besseren Zukunft
  • Das Team brauch den Mut und das Werkzeug die ersten Schritt zu gehen.
  • Und damit die Motivation nicht so schnell wieder verpufft, brauch es natürlich spürbaren Erfolg.

Leading Change von John P. Kotter

Vielleicht hast du ja bereits etwas von Leading Change von John P. Kotter gehört? Ein wirklich gutes Buch zum Change Management, mehr dazu und zu der Methodology dahinter findet sich auf der dazugehörigen Webseite The 8 Steps for Leading Change. Schauen wir mal eine Übersicht dieser 8 Schritte an:

1. „Create a sense of urgency“
2. „Build a guiding coalition“
3. „Form A Strategic Vision“
4. „Enlist A Volunteer Army“
5. „Enable Action By Removing Barriers“
6. „Generate short-term wins“
7. „Sustain Acceleration“
8. „Institute Change“

Meine Checkliste für Veränderung im Team

Was ich aus The 8 Steps for Leading Change von Jan P. Kotter für mich mitgenommen habe:

Bedarf für Veränderung erkennen

  • Gefühl der Dringlichkeit: Muss etwas geändert werden? Spürst du, dass etwas nicht stimmt?
  • Kontextanalyse: Was läuft deiner Meinung nach falsch?
  • Motivation identifizieren: Warum ist eine Veränderung aus der Sicht anderer notwendig?

Führungskoalition aufbauen

  • PO und Führung gewinnen: Überzeuge den Product Owner (PO) und andere Führungskräfte, sich für den Wandel einzusetzen. Diskutiere Probleme und erziele Einigkeit darüber.
  • Überzeuge die Vordenker in deinem Team: Jedes Teammitglied muss entweder einen Vorteil in seiner Alltagsarbeit spüren oder neue Perspektiven aufgezeigt bekommen. Andernfalls wird die Veränderung vom Team nicht mitgetragen
  • Gemeinsame Unterstützung sichern: Erhalte Unterstützung und Einverständnis der Schlüsselakteure (wer sind diese und woran erkenne ich sie?) für die Veränderung.

Vision und Strategie für den Wandel entwickeln

  • Klare Vision erstellen: Wo soll das Team hin? Was sind die übergeordneten Werte und Ziele? Was ist das „Ziel hinter dem Ziel“?
  • Groß träumen: Visualisiere den idealen Zustand des Unternehmens. Wie fühlt sich die Veränderung an? Entwickle konkrete Schritte, um dieses Ziel zu erreichen.

Mitarbeiter befähigen

  • Train the Trainer: Coache einzelne Teammitglieder („die Vordenker“), so dass sie deine Überzeugungen und Werte verstehen und selbstständig weitertragen können. (Infiziere eine Handvoll mit deiner Faszination, und sie tragen sie von sich aus weiter).
  • Kernteam aufbauen: Entwickle ein (offenes) Team, das die Vision teilt und den Wandel aktiv mit gestaltet. 
  • WICHTIG: Gebe anderen den Raum selbst am Wandel beteiligt zu sein.

»Somebody who’s working for you who’s gonna be productive needs to know »why the hell they’re working for you?« and if the answer is »they have no vision for their own life« they don’t have any reason to work for you because they don’t have any reason to do anything.«

Jordan B. Peterson

Hindernisse erkennen und beseitigen

  • Probleme aktiv lösen: Hindernisse auf dem Weg zur Veränderung schnell und konsequent beseitigen.
  • Aufspüren von Hindernissen: Hier ein paar hilfreiche Fragen:
    • Trittst du auf der Stelle und kommst nicht voran?
    • Werden dir ständig Fragen gestellt, was und warum das gerade passiert? Wird deine Vision angezweifelt? Möglicherweise ist die Vision deiner Änderungsstrategie noch unvollständig. Bedenke aber auch, dass es oft schwierig ist eine Strategie genau zu erklären. Oft ist es einfacher die Strategie einfach einmal für zwei Wochen auszuprobieren und die Möglichkeit einzuräumen in den ursprünglichen Flow zurückzukehren

Schnelle Erfolge erzielen

  • Erfolge messen und kommunizieren: Setze erreichbare Zwischenziele und dokumentiere Erfolge. Vermeide Überforderung – Veränderung braucht Zeit.
  • Erkenne Erfolge an und zeige Dankbarkeit bei Mithelfen: Dies baut Motivation für den weiteren Wandel auf.
  • Führe die Erfolge genau auf die Veränderungen zurück, die du vorgenommen hast. Erfolg durch äußere Umstände zählt nicht!

Kontinuierliche Entwicklung

  • Erfolge feiern: Mache Erfolge messbar und sichtbar. Nur sichtbare Erfolge sind Erfolge.
  • Evolutionären Wandel: Starte Veränderungen als Experimente, die kontinuierlich weiterentwickelt werden.
  • Dankbarkeit praktizieren: Sei dankbar für die Fortschritte und die Chancen, die sich im Wandel ergeben. Sei offen für Neus.

Veränderungen dauerhaft verankern

  • Fühle es! Lebe die Veränderungen vor und begeistere andere.
  • Visualisieren: Versetze dich immer wieder in die Zukunftsvision. Wie verhältst du dich und wie verhalten sich andere, wenn das Ziel erreicht ist. Lasse dabei für einen Moment das WIE aus der Betrachtung. Ich weiß zwar noch nicht, wie wir … werden. Ich weiß nur, dass wir es jetzt sind und wir sind erfolgreich und zufrieden.

Es ist noch kein agiler Meister vom Himmel gefallen

Aller Anfang ist schwer. Gerade wenn man neu auf dem Gebiet ist, weiß man oft nicht, wie man eine Veränderung angehen soll. Hier ein paar Tipps, wenn du selbst erst noch in die Rolle hineinwachsen musst.

Veränderung beginnt bei Dir.

Selbstvertrauen – Ich bin agiler Zauberer im Herzen (Innen)

  • Selbstreflexion: Welche Version meiner selbst musst ich sein, um den Wandel erfolgreich herbeizuführen? Welche Stärken habe ich und an welchen inneren Blockaden/Glaubenssätzen musst ich bearbeiten?
  • Unterbewusstsein untersuchen/ Inneres Aufräumen: Welche Glaubenssätze und Erfahrungen halten mich zurück? Was macht mir Angst? Was ruft starke emotionale Gefühle in mir hervor? Wo stehe ich mir selbst im Weg? Welche inneren Überzeugungen müssen geheilt oder/und durch neue ersetzt werden?
  • Neues Selbstbild schaffen: Wer bin ich, wenn meine neue Unternehmensvision bereits Realität ist? Welche Überzeugungen müssen losgelassen werden, um das innere Wachstum zu erreichen? Wie fühlt sich diese neue Version meiner selbst an?
  • Vertrauen und Selbstbewusstsein entwickeln: Ich vertraue auf meine Vision und mich selbst, um auch Vertrauen von anderen zu gewinnen.
  • Der Ansatz „meine Arbeit/Vision spricht doch für sich selbst“ ist leider Bullshit. Marketing und Klinkenputzen sind leider unvermeidbarer Bestandteil des Veränderungsprozesses

Rollen klären

  • Was brauche ich von mir selbst? Was muss ich wissen/Wer muss ich sein um die Unternehmensveränderung herbeizuführen?
  • Was brauchst ich von anderen?
    • Vom PO
    • Von der Führungskraft
    • Von meinem Team, insbesondere den Schlüsselfiguren/Vordenkern? 
  • Wo müssen andere Offenheit für Veränderungen entwickeln, um den Wandel mitzutragen?
  • Schaffe eine Atmosphäre in der Raum für Fehler ist. Fortschritt entsteht immer aus Mut zum Irrtum (gut deutsch „Ausprobieren“) und ggf. dem folgenden Lernprozess!

»You don’t learn to walk by following rules. You learn by doing, and by falling over. Do not be embarrassed by your failures, learn from them and start again.«

Sir Richard Branson

Vision und Strategie leben – Ich bin agiler Zauberer (Außen)

  • Komfortzone verlassen: Nutze jede Bühne, die sich dir gibt, um deine Vision zu kommunizieren. Lebe die Veränderungen vor und setze sie im Unternehmen um –> Marketing
  • Mach es einfach: Veränderung braucht Zeit. Mach kleine einfache Schritte in die neue Richtung
  • Transparente Kommunikation: Die Vision muss auf allen Ebenen des Unternehmens verstanden und akzeptiert werden. Es braucht eine klare Identifikation mit dem Ziel.

Erweiterung und Verfeinerung von Kotters Change-Management-Ansatz

Kotters The 8 Steps for Leading Change bietet eine solide Grundlage für erfolgreiche Veränderungsprozesse. Dennoch lässt sich das Modell sinnvoll erweitern, um sowohl persönliche Weiterentwicklungen als auch messbare Erfolge stärker zu berücksichtigen. Ein zusätzlicher Schritt nach der Entwicklung der strategischen Vision könnte den Fokus auf die Definition von Erfolgskriterien legen, um den Fortschritt transparent und – vor allem – belegbar zu machen. Darüber hinaus könnte Schritt 7, das Beschleunigen der Veränderung, als wiederkehrende Schleife gestaltet werden, in der die Schritte 4 bis 6 wiederholt werden, bis die Vision vollständig erreicht ist. So bleibt der Wandel nachhaltig und auf Kurs.


Grafisch kann man das dann wie folgt veranschaulichen:

Abb.1: Vivias Schritt-für-Schritt-Plan für Veränderung